Die „Neue Weberei“ gelangt in neue Hände – RAWE übernimmt

1969 übernimmt der Gronauer Textilkonzern die Firma Povel. Wenige Jahre später gerät der gesamte Delden-Konzern in eine langanhaltende Krise. Der Traum vom immerwährenden Wirtschaftswunder endet in der Öl- und Energiekrise der Jahre 1973/74. Die Textilkonjunktur bricht ein. 1978 meldet der Delden-Konzern für den Nordhorner Povel-Betrieb einen Vergleich an, der wenig später in einem Konkurs endet. 1979 wird die Produktion endgültig eingestellt. Die noch verbliebenen 1.200 Mitarbeiter stehen auf der Straße.

Massenkundgebung vor dem Nordhorner Rathaus im Anschluss an eine Protestdemonstration gegen die drohende Schließung der Textilfabrik Povel. Aufnahme vom Oktober 1978. Foto: Rudolf Bulla, Grafschafter Nachrichten

Ein Hoffnungszeichen ist der Verkauf der „Neuen Weberei“ an die Textilfirma RAWE – die die Übernahme mit öffentlichen Mitteln aus der Wirtschafts- und Strukturförderung des Landes Niedersachsen finanziert. Immerhin 75 Mitarbeiter werden weiterhin beschäftigt. Nach der Schließung aller weiteren Fabrikanlagen und dem Verkauf des gesamten Betriebsgeländes an die Stadt Nordhorn – zu einem symbolischen Preis von 1,-DM – findet textile Produktion nur noch in der einstigen „Neuen Weberei“ statt.

Blick in die 6000 Quadratmeter große „Neue Weberei“ nach ihrer Übernahme durch die Textilfirma Rawe im Jahre 1980. Foto: Rudolf Bulla, Grafschafter Nachrichten
Außenansicht der „Neuen Weberei“ im Dezember 1980. Foto: Rudolf Bulla

Während die restlichen Fabrikanlagen mit Ausnahme der denkmalgeschützten Povel-Verwaltung und des Povel-Spinnereiturmes abgerissen werden, heißt es in der Lokalzeitung:

„Wie ein Stück heile Welt inmitten der Zerstörung und des Zerfalls wirkt der Gebäudekomplex der Neuen Weberei, in dem die Firma RAWE nach wie vor produziert. Ein Stück Textilindustrie ist gestorben, aber Nordhorn bleibt Textilstadt.“
Grafschafter Nachrichten, 1980

1984 gibt allerdings auch RAWE die Produktion in der ehemaligen Povelschen Weberei auf. Die Maschinen werden ins Stammwerk beiderseits des Nordhorner Stadtrings verlagert. Die verbliebenen 50 Mitarbeiter werden dort weiterbeschäftigt. Die letzten Textilarbeiter und Textilmaschinen verlassen das Povel-Gelände. 1985 geht die Webereihalle in den Besitz der Stadt Nordhorn über. Zugleich mietet RAWE die Webereihalle für weitere fünf Jahre und nutzt sie bis 1990 als Stoff- und Ballenlager. Rund um die Weberei beginnt auf dem ehemaligen Povel-Fabrikgelände 1987 eine millionenschwere „sanfte“ Bodensanierung. Das Bundesforschungsministerium fördert das Modellvorhaben einer „biologischen Altlastensanierung durch Bakterienkulturen“. 

Panoramablick vom heutigen Standort des in unmittelbarer Nachbarschaft zur Weberei gelegenen „Wohnstift am Vechtesee“ über das Povel-Fabrikgelände vor dem Beginn der Altlastensanierung im Jahre 1967. Links im Bild der Povel-Spinnereiturm, seit 1996 Ausstellungsort des Stadtmuseums Nordhorn.
Foto: Rudolf Bulla, Grafschafter Nachrichten