Alte Weberei serviert deftige Portion an Rockmusik aus Hamburg

Am Sonnabend (12.10.2024) hatte das Kulturzentrum Alte Weberei in Kooperation mit CaRi Entertainment zu einer ersten Auflage eines Rock- und Bluesfestes geladen. Die zahlreich erschienenen Besucher erlebten einen fünfstündigen Festivalabend, in dessen Verlauf die allesamt in Hamburg ansässigen Bands Vanja Sky, Hamburg Blues Band und Jimmy Cornett & The Deadmen bis weit nach Mitternacht zwar recht wenig Blues, dafür aber eine wahrlich sättigende, vielfältige und schmackhafte Portion an Rockmusik servierten.

Den Auftakt macht die ursprünglich aus der kroatischen Hauptstadt Zagreb stammende Sängerin und Gitarristin Vanja Sky mit ihrer Band, die vielen im Publikum von Auftritten beim Nordhorner Musiksommer in Erinnerung ist. Ihr Markenzeichen ist der klassische Bluesrock der frühen 1970er Jahre, den sie mit allerlei Ausflügen in zu jener Zeit beliebte Genres wie Rock-Psychedelia, melodiösen Pop, Jazz- und Hardrock anreichert. Zu Höhepunkten ihres Auftritts werden die mit viel Applaus honorierten robusten Bluesrocker „Devil Woman“ und „Voodoo Mama“, ein rasantes Cover von „Shadow Play“ des legendären Gitarristen Rory Gallagher und ihre Version des zum Mitsingen einladenden „To Love Somebody“, einem frühen Hit der Bee Gees aus den späten Sixties. Eine kompetente Band, eine überaus sympathische Frontfrau. Der lebhafte Schlussapplaus mündet in einen Ausflug in selige Beat-Zeiten. Der Klassiker „Louie, Louie“ lädt zum Tanz.

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Fotos: uwe hielscher

Es folgt die erste von zwei ausgedehnten Umbaupausen, bis erneut das Licht im Saal erlischt, aus den Boxen das schmissige „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ erklingt und die Piraten der Hamburg Blues Band die Bühne entern. Frank und frei beichtet Bandleader Gerd Lange schon zu Beginn einen Etikettenschwindel. Den Blues haben die Hamburger nur noch im Namen stehen. Stattdessen gibt es in der folgenden Stunde eine deftige Rocksongs zu hören, die Einflüsse britischer Vorbilder wie The Cream, Deep Purple, Free und Led Zeppelin anklingen lassen. Krissy Matthews, virtuos aufspielender Gitarrist aus britischer Rockschule, sorgt für manch stürmisches Hardrockgewitter und Sänger Gerd Lange heult den Mond über dem Hamburger Hafen an. Eine visuelle und musikalische Augenweide ist der als „Aushilfe“ einbestellte Frank Itt, der seit Jahrzehnten als einer der herausragenden Bassisten der bundesdeutschen Jazz- und Rockszene gilt. Der Auftritt kulminiert in einem Gastspiel von Vanja Sky, die die Hamburger Rocker zu einer mitreißenden Version des „I Don‘t Need No Doctor“ der leider fast vergessenen Britrocker „Humble Pie“ anspornt.

Nach Umbaupause Nummer zwei betritt zum guten Ende hin der von etlichen extra angereisten Fans aus der norddeutschen Bikerszene mit großem Hallo begrüßte Jimmy Cornett mit seinen Deadmen (Frank Jäger am Kontrabass, Claudia Lippmann am Schlagzeug und Leadgitarrist Dennis Adamus) die Bühne. Und legt gleich mit einem fulminanten Texas-Boogie-Shuffle los, der unweigerlich an das „La Grange“ der ZZ Top erinnert. Im Gegensatz zu den anderen Bands schöpfen die Deadmen aus dem tiefen Brunnen des US-amerikanischen Rock. Neben hochenergetischem Boogie-Boogaloo gibt es sehnsüchtigen Countryrock wie das „Porch Light“ des Singer/Songwriters Josh Meloy, die mit prägnanter Reibeisenstimme vorgetragenen Lonesome Rider-Roadsongs „Northern Lights“ und „The Sailor“, feine Rockballaden wie das aus der Feder von Bruce Springsteen stammende „Tougher Than The Rest“ und allerlei Uptempo-Rock zum Mitsingen, Arme schwenken und ausgelassenem Tanz. Nicht umsonst gelten Jimmy Cornett und seine Mitstreiter seit Jahren als Lieblinge der Bikerfestivals in ganz Europa. Auch der Auftritt in der Alten Weberei hätte das Zeug zu einer schwungvollen Boogie- und Rockparty gehabt, wenn der gute Cornett nicht eine halbe Stunde seiner Spielzeit mit dem enervierenden Nachstimmen seiner Gitarre zugebracht hätte. „That‘s live“ ist sein entschuldigender Kommentar. Vergeben und vergessen, als die Deadmen in ihren Zugaben dem angekündigten Blues die Ehre erweisen. Mit einem formidablen „Hoochie Coochie Man“ und dem „Boogie Chillun“ der Bluesväter Muddy Waters und John Lee Hooker endet ein Auftritt, der ein beseeltes Publikum in die Nacht entlässt.

Fotos: uwe hielscher